Valentins Corona-Geschichte

Bitte stell dich kurz vor und erzähl uns, was du beruflich machst.

Ich bin Valentin, einer der vier Gründer von Variand Furniture und in unserem Unternehmen für Produktentwicklung, Design und Marketing verantwortlich. Variand ist ein Möbelsystem, das sich besonders spielerisch und einfach mit den Wünschen und Anforderungen seiner Nutzer*innen verändern kann. Wir wollen Möbel schaffen, die durch das Leben begleiten können, genauso clever wie schön sind und Freude bei der Nutzung und Gestaltung machen. Wir Vier haben uns während des Architektur-/BWL-Studiums in Bonn kennen gelernt und tüfteln nun schon seit einigen Jahren an unserer Möbel-Idee, die bei der Entwicklung eines Einrichtungskonzeptes für eine Waldorfschule in Südtirol entstand. Bei der Umsetzung haben wir so positives Feedback bekommen, dass wir immer überzeugter wurden, ein Unternehmen zu gründen und das Variand-System als Serienprodukt zu vertreiben. Seitdem haben wir unser Produkt weiterentwickelt, ein Netzwerk aus Produzenten und Lieferanten aufgebaut und schließlich offiziell unsere GmbH gegründet.

 

2020 war pandemiebedingt ein Ausnahmejahr. Wie erging es dir als Kreative*r in der ersten Zeit?

Auch wenn die Idee von Variand schon länger besteht, gibt es das Unternehmen selbst erst seit Anfang 2020. Das erste Geschäftsjahr wäre also sowieso ein Ausnahmejahr geworden, dann kamen zusätzlich noch viele neue Herausforderungen durch die Pandemie. Unser großes Ziel für das erste Halbjahr war, unser erstes Produktsortiment zur Serienreife zu entwickeln. Da unsere Möbel in Norditalien produziert werden, wo die Pandemie besonders in der Anfangszeit stark gewütet hat, wurde die Produktentwicklung und Produktion durch die geschlossenen Betriebe dort um einige Monate zurückgeworfen. Dadurch hatten wir zwar auch mehr Raum, um uns anderen wichtigen Themen wie z.B. der Arbeit am Unternehmen selbst – also der Corporate Identity, dem Design und Aufbau grundlegender Organisationsstrukturen – ausführlicher zu widmen. Trotzdem hat sich die Verzögerung natürlich auf viele Folgeschritte ausgewirkt und unseren Zeitplan ziemlich durcheinander gebracht.

 

Persönliche Kundenmeetings, Projektarbeiten direkt beim Kunden oder auch Netzwerken waren zeitweise komplizierter oder gar nicht möglich. Wie hast du dies in der Pandemiezeit gelöst? Welche digitalen Tools und Apps hast du verwendet, die dir dabei geholfen haben?

Als kleines Team mit vier Gründern und einem Praktikanten mussten wir uns vorher nie viel mit Remote-Arbeit und Videocalls auseinandersetzen. Wie viele kleinere Unternehmen auch wurden wir durch die Pandemie plötzlich in eine andere Realität geholt, konnten uns aber mit MS-Teams, Zoom und anderen Programmen schnell zurechtfinden. Trotzdem war die große Distanz zu unserer Fertigung eine Herausforderung: Als Produktentwickler arbeite ich zwar mit CAD-Software die meiste Zeit digital, aber an den Prototypen zu arbeiten und tüfteln ist schwierig zu ersetzen. Vor der Pandemie war es kein Problem, ab und zu unsere Fertigungsbetriebe in Südtirol zu besuchen und vor Ort mit in der Werkstatt zu stehen. Jetzt musste ich mir stattdessen Videos von dort zuschicken lassen oder die Prototypen von den Betrieben erst nach Köln in unser Büro schicken lassen, um sie zu testen.

 

Inwiefern wird sich durch die Erfahrung von „Homeoffice“ oder „Remote-Arbeiten“ dein zukünftiges Arbeiten ändern?

Die Erfahrung mit Remote-Arbeit hat mir zwar gezeigt, dass sich für alles eine Lösung finden lässt, aber die Face-to-Face Team-Arbeit – besonders beim gemeinsamen Entwickeln neuer Ideen – ist für mich nicht zu ersetzen. Die Team-Arbeit auf Entfernung erfordert doch einiges mehr an Organisation, Geduld und Zeit und es bleibt leider häufig Zwischenmenschliches auf der Strecke.

 

Haben sich deine Kund*innenbeziehungen in Corona-Zeiten verändert? Sind sie evtl. enger geworden, hast du dich mit deinen Kund*innen zum Thema austauschen können? Hast du das Gefühl bekommen, dass sich der/die Kund*in auch der Corona-Auswirkungen für dich bewusst geworden ist?

Wir haben erst Ende 2020 begonnen, mit unserem ersten Produktsortiment nach außen zu treten und Partnerschaften mit Händler*innen aufzubauen. Zunächst war unsere Strategie, mit kleineren, stationären und ausgewählten Geschäften zusammenzuarbeiten, von denen wir lernen und mit denen wir eine engere Beziehung aufbauen können. Doch auch wenn die Möbelbranche und besonders die großen Möbelhäuser zunächst von der Pandemie profitiert haben, geht es gerade den kleineren Geschäften durch die erneuten Schließungen sehr schlecht. In vielen ernüchternden Vertriebsgesprächen haben wir zum Teil verzweifelte Inhaber*innen erlebt, die um die Existenz ihrer Geschäfte kämpfen müssen und gerade keinen Gedanken daran verlieren können, neue Möbel in ihr Sortiment aufzunehmen. Natürlich ist das eine denkbar schlechte Startsituation für uns. Trotzdem ist uns dadurch auch klar geworden, dass für viele unserer Partner*innen diese Situation noch deutlich schwerwiegendere Auswirkungen hat.

 

Wie hast du dich während des Lockdowns motiviert?

Ich hatte eigentlich nie große Probleme, mich zu meiner Arbeit zu motivieren. Schwierig war eher, dass ich durch das Homeoffice Privatleben und Arbeit kaum noch voneinander trennen konnte und ständig mit den Gedanken bei Variand war. Die Distanz zum Arbeitsplatz war einfach nicht mehr vorhanden. Darüber mit meiner Freundin, Mitbewohner*innen oder der Familie zu sprechen, denen es ja auch so ging, hat mir sehr geholfen, auf andere Gedanken zu kommen und die Arbeit auch mal loszulassen.

 

Was vermisst du am meisten?

Am meisten vermisse ich das gesellige Beisammensein mit Freund*innen und Familie. Ich habe väterlicherseits eine sehr große Familie. Die üblichen Zusammenkünfte in großer Runde zu Festtagen und auch sonst haben im letzten Jahr schon sehr gefehlt.

 

Was war dein lustigstes, was dein traurigstes Erlebnis in der Pandemie?

Ein tolles Erlebnis war, als in der Silvesternacht vom Balkon aus Karnevalslieder angestimmt wurden und die ganze Nachbarschaft auf ihren Balkonen anfing, laut mit zu singen. Auch wenn ich eigentlich kein großer Karnevalist bin, merkt man, dass diese gemeinsamen Momente, das Kennenlernen von Fremden, das Schunkeln und Feiern schon fehlen. Zu meinem großen Glück haben ich und mein näheres Umfeld die Pandemie bisher weitestgehend gut überstanden. Betrübt hat mich aber, im Gespräch mit Möbelhändler*innen aus erster Hand zu erfahren, wie sehr kleinere Läden unter dem Lockdown leiden und um ihre Existenz kämpfen müssen.

 

Was kannst du Positives für dich aus der Pandemie mitnehmen?

Auch wenn uns die Pandemie tolle Ausstellungsmöglichkeiten – zum Beispiel auf den Kölner Passagen – leider verwehrt hat, hat sie uns auch durch den Ausfall einer großen Möbelmesse davor bewahrt, einen Fehler zu machen. Vermutlich wären wir zu einem Zeitpunkt mit unseren Produkten nach außen getreten, an dem wir dafür noch nicht bereit gewesen wären. Bei Messen kann man natürlich im Vorhinein nie so ganz sagen, welche neuen Kontakte und Möglichkeiten sich dadurch auftun. Allerdings waren unsere Möbel damals noch nicht vollständig fertig entwickelt und es gab noch zu viele Unklarheiten, um eine große Messe richtig effektiv nutzen zu können. Mittlerweile haben wir vieles aufgearbeitet und sind gespannt darauf, unsere Möbel auf den nächsten Messen, wenn sie wieder möglich sind, zu präsentieren.

 

Was ist das erste, was du machst, wenn’s wieder erlaubt ist?

Gute Freund*innen endlich wieder zur Begrüßung umarmen zu können statt per Faust, Ellbogen oder Fuß (was jedes Mal für alle Beteiligten merkwürdig ist), wäre toll.

 

Wie sind deine Pläne für 2021? Was wünscht du dir, was sich 2021 positiv ändern sollte?

Ich hoffe, dass wir in Deutschland und Europa das Problem der mangelnden Impfstoffe bald in den Griff bekommen, und schnell möglichst viele Menschen vor dem Virus schützen können. Für unser Unternehmen Variand wünsche ich mir, dass wir trotz Startschwierigkeiten durch die Pandemie in diesem Jahr durchstarten werden. Wir haben viele große Pläne: Bald wird unsere Webseite mit Shop online gehen. Wir überlegen, in der zweiten Hälfte des Jahres eine Crowdfunding Kampagne zu starten. Und wir arbeiten aktuell an einem spannenden neuen Produkt, das das Variand-System erweitern und sehr bereichern wird. Wir haben zahlreiche Ideen und Ziele und bleiben optimistisch und zuversichtlich!