Doris' Corona-Geschichte

Bitte stell dich kurz vor und erzähl uns, was du beruflich machst.

Doris Billig, Dipl-Designerin, selbstständig mit dem Büro „sehen und sein".

 

2020 war pandemiebedingt ein Ausnahmejahr. Wie erging es dir als Kreative*r in der ersten Zeit?

In den ersten Monaten der Pandemie wollte ich unbedingt gleich „kreativ" auf die Restriktionen reagieren. Ich dachte mir, bevor wir in Problemen versinken, überlegen wir uns lieber gleich mal die Lösungen. Mit einigen Kund*innen habe ich adhoc Desinfektions-Spender und Stelen gestaltet, Postkarten und Buttons bestückt und allerlei überlegt, was uns alle sicher und auch mitfühlend in der Krise helfen könnte. Die Arbeit hat auf jeden Fall geholfen, schlechte Stimmung oder sogar Existenzängste zu vertreiben.

 

In der Not entstehen manchmal kreative neue Ideen. Hast du währenddessen alternative Geschäftsideen entwickelt und ausprobiert, um neue Projekte und Kund*innen zu erreichen? Hat sich deine Arbeitsweise verändert?

Da viele meiner Kund*innen im Bereich der Weiter- und Fortbildung tätig sind und hauptsächlich vor Ort und in direktem Kontakt mit Menschen arbeiten, wurde auch ich quasi „bei voller Fahrt ausgebremst". Ich habe versucht, die Verbindung zu den Kund*innen zu halten und mich zu informieren, wo deren Reise hingehen wird. Man fand natürlich nicht so schnell für alles eine Lösung, aber wichtig war es zu zeigen, dass wir Kreativen flexibel sind. So hatte ich dann auch mehr digitale Jobs als vorher. Grundsätzlich hat sich aber bei mir nicht viel geändert. Wichtig war die Beratung und vor allem die Bereitschaft, mit dem Kunden gemeinsam durch die Zeit zu gehen. Auch, wenn nicht alles gleich finanziell lukrativ ist. Nicht loszulassen und auch den Kontakt zu pflegen, wenn der/die Kund*in nicht von sich aus zuerst kommt.

 

Persönliche Kundenmeetings, Projektarbeiten direkt beim Kunden oder auch Netzwerken waren zeitweise komplizierter oder gar nicht möglich. Wie hast du dies in der Pandemiezeit gelöst? Welche digitalen Tools und Apps hast du verwendet, die dir dabei geholfen haben?

Die digitalen Lösungen lagen ja schnell auf der Hand. Zoom und Teams waren sofort einsatzbereit.

 

Hast du Online-Möglichkeiten genutzt zu „netzwerken“? Wenn ja, wo tummelst du dich, z.B. auf Social Media oder Onlineportalen?

Seit Sommer bin ich Teil des Vorstands von KölnDesign und dadurch wurde eine kontinuierliche Arbeit mit diversen Social Media-Plattformen wie Instagram und LinkedIn selbstverständlicher.

 

Inwiefern wird sich durch die Erfahrung von „Homeoffice“ oder „Remote-Arbeiten“ dein zukünftiges Arbeiten ändern?

Ich arbeite seit August 2019 im Kölner Homeoffice und einen Großteil des Jahres auch im spanischen Büro. Dadurch war es für mich glücklicherweise keine Umstellung und keine Einschränkung. ich werde es auch weiterhin so handhaben. Der Kontakt zu meinem Netzwerk mit Kolleg*innen und Partner*innen ist nach wie vor eng und intensiv.

 

Haben sich deine Kund*innenbeziehungen in Corona-Zeiten verändert? Sind sie evtl. enger geworden, hast du dich mit deinen Kund*innen zum Thema austauschen können? Hast du das Gefühl bekommen, dass sich der/die Kund*in auch der Corona-Auswirkungen für dich bewusst geworden ist?

Natürlich beginnt seit der Pandemie jedes Telefonat oder jede Mail erst einmal (und noch mehr als vorher) mit den Worten „Wie geht es?" und der Frage nach der Gesundheit. Ich empfinde die neuen, empathischeren „Umgangsformen" als einen Gewinn für uns alle. Ich habe seitens der Kund*innen im Allgemeinen sehr viel Verständnis und Achtsamkeit erfahren und bin dafür sehr dankbar. Ein offenes Ohr ist seitdem wichtiger, auf beiden Seiten. Es ist selbstverständlicher geworden, auch persönliche Themen erzählen zu dürfen und zu können. Das hat uns verbunden und Zeit für ein Gespräch oder auch mal „Jammern" tut allen gut. Das sollten wir nicht verlieren. Es geht immer auch um Menschen nicht nur um Erfolge. Und dann wird plötzlich das „Menschliche" zum Erfolg.

 

Was war die größte Hürde im Jahr 2020 für dich?

Das Umdenken bestand im Verlassen der Komfortzone. Sich „aufrappeln", kämpfen und engagieren, wo es geht. Und auf der anderen Seite war es eine Herausforderung, Dinge auch zu akzeptieren und nicht beeinflusssen zu können. Das fühlt sich jetzt im Nachhinein gut und richtig an. So will ich es weitermachen.

 

Wie hast du dich während des Lockdowns motiviert?

Mich hat der Gedanke motiviert, dass wir alle in der selben schwierigen und neuen Situation sind und dass nichts für die Ewigkeit ist. Ich habe in Köln immer wieder an meine zweite „Wahlheimat" in Spanien gedacht. Vier Monate waren die Grenzen dorthin quasi geschlossen und ich konnte Köln nicht verlassen. So habe ich mich von Monat zu Monat „gerobbt" und es hat mich motiviert, die Menschen und mein Zuhause birgendwann wiedersehen zu können.

 

Was vermisst du am meisten?

Ich vermisse die Musik im öffentlichen Raum. Alles war so still im Sommer!

 

Was war dein lustigstes, was dein traurigstes Erlebnis in der Pandemie?

Eine Kundin schickte mir drei Rollen Klopapier und Gummibärchen per Post! Das war ganz großartig und bedeutete plötzlich so viel. An meinem Geburtstag standen Freunde mit Sekt und Blumen vor der Tür. Wir konnten uns nicht umarmen. Besonders beklemmend war für mich aber der Moment, als ich im Juli in Barcelona gelandet bin. Ich wusste, dass viele Spanier erkrankt und verstorben sind und dass es dort keine große staatliche Unterstützung gibt. Viele Existenzen haben weitaus mehr gelitten als bei uns in Deutschland. Der Moment, als ich aus dem Flieger stieg, war besonders traurig. Ich fühle mich den Menschen dort sehr verbunden. Seit Juli bin ich in Spanien geblieben. Wir sehen täglich diejenigen, die fast nichts mehr haben und hören erschütternde Geschichten.

 

Was kannst du Positives für dich aus der Pandemie mitnehmen?

Dankbarkeit, Wertschätzung, Mitgefühl, Bescheidenheit und den Fokus auf das ganz, ganz kleine Glück. Und die Überzeugung, dass wir alle helfen sollten, wenn wir Menschen begegnen, die unverschuldet in große Not geraten sind.

 

Was ist das erste, was du machst, wenn’s wieder erlaubt ist?

Ins Museum gehen!

 

Wie sind deine Pläne für 2021? Was wünscht du dir, was sich 2021 positiv ändern sollte?

Ich habe keine großen Pläne, seit Corona habe ich mir das abgeschminkt. Aber ich wünsche mir, dass wir den Blick füreinander nicht verlieren. Weniger Egoismus und mehr Miteinander.